Der jüngste Stern am bayerischen Gastro-Himmel

Trotz seines jungen Alters hat Maximilian Schmidt bereits eine echte kulinarische Weltreise hinter sich. Nach seiner Ausbildung bei Sternekoch Anton Schmaus und der Weiterbildung zum Küchenmeister bei den Eckert Schulen hat der 26-Jährige seine Zelte in der Domstadt abgebrochen, um in den besten Restaurants der Welt dazuzulernen. Von Schweden bis Singapur hat er mit den renommiertesten Köchen der Gastro-Welt am Herd gestanden, ehe er vergangenes Jahr in seine Heimat zurückkehrte und das Restaurant „Roter Hahn“ übernahm. Der kulinarische Kontrast zwischen Heimat und Ferne haben dem jungen Chef de Cuisine dort Anfang 2021 sogar einen Stern des Guide MICHELIN eingebracht. Im Interview erzählt er uns von seinem Weg aus der Oberpfalz in die Welt und warum er jetzt sein eigenes Restaurant betreibt, obwohl er als Jugendlicher eigentlich nie Koch werden wollte.

Herr Schmidt, würden Sie sagen eine Karriere als Koch ist bereits vorprogrammiert, wenn man in einer Gastronomenfamilie aufwächst?

Nein, eigentlich wollte ich auch nie Koch werden (lacht). Vor mir haben mein Vater und davor mein Großvater den Roten Hahn geleitet, da habe ich als Jugendlicher natürlich in den Ferien oder abends mal mit angepackt, entweder in der Küche oder an der Theke. Aufgrund der späten Arbeitszeiten war ich aber lange sicher, dass das nichts für mich ist. Meine Freunde saßen in der Zeit schon mit einem Bier an der Donau oder waren in der Stadt unterwegs und ich konnte mir damals nicht vorstellen, ewig auf das zu verzichten. Auch zur Sterne-Gastronomie hatte ich lange gar keinen Bezug. Ich habe zwar in der Schulzeit mal ein Pflichtpraktikum bei Anton Schmaus im Restaurant absolviert, aber ansonsten hatte ich daran erstmal kein größeres Interesse. Meine Eltern haben mich auch nie in diese Richtung gedrückt, wofür ich sehr dankbar bin. Mein Vater meinte nach der Schulzeit nur, dass mir die Zeit bei Anton Schmaus doch ganz gut gefallen habe, was mich etwas ins Überlegen brachte. Die finale Entscheidung für die Laufbahn als Koch fiel dann daraus relativ spontan – und dann hat mich schnell die Leidenschaft gepackt.

War es diese Leidenschaft, die Sie letztlich auch dazu bewegt hat, im vergangenen Jahr den Roten Hahn zu übernehmen?

In gewisser Art und Weise, ja. Ich hatte schon großen Respekt vor der Entscheidung, denn das Restaurant hatte eigentlich 365 Tage im Jahr offen und es heißt ja nicht umsonst „never change a running system“. Ausschlaggebend war dann der Lockdown im letzten Frühling, weil er die laufende Maschinerie quasi komplett zum Stoppen brachte und mir Möglichkeit gab, alles so zu gestalten, wie ich es wollte. Ich habe den Laden dann zunächst gedanklich dreimal eingerissen und wieder neu gebaut und kam immer wieder darauf raus, dass ich ihn eigentlich so lassen sollte, weil er gut so war in seiner alten Form.

Nach etwas Abwägen wurde mir aber klar, dass es mich auf lange Sicht wahrscheinlich nicht glücklich gemacht hatte, alles so zu lassen. Ich wollte meine eigene Philosophie in das Restaurant einbringen und dort auch umsetzen, was ich in meinen vorherigen Stationen auf der ganzen Welt gesehen und gelernt habe.

Eine Ihrer vorherigen Stationen war ja die Weiterbildung zum Küchenmeister an der Hotelfachschule der Eckert Schulen in Regenstauf. Warum haben Sie sich damals dafür entschieden?

Die Entscheidung fiel eigentlich sehr spontan, ehrlich gesagt. Ich war zuvor in St. Moritz (im Restaurant „Talvo“ von Martin Dalsass) und habe für mich abgewogen, ob ich weiter praktische Erfahrungen sammeln sollte oder ob der Küchenmeister der beste nächste Schritt wäre. Ich habe mir dann den Rat meiner Eltern eingeholt und mich infolge dessen für den Küchenmeister angemeldet. Dass ich ihn bei den Eckert Schulen gemacht habe, war unter anderem durch die räumliche Nähe bedingt, da ich während der Weiterbildung daheim wohnen konnte. 

Hat sich die Entscheidung für den Küchenmeister ausgezahlt?

Die Zeit hat mir im Rückblick sehr geholfen, aber sie war schon hart. Ich lerne praktisch leichter als theoretisch, dementsprechend musste ich mich schon wirklich hinsetzen in manchen Fächern. In Recht und Steuern oder Unternehmensführung bin ich schon das ein oder andere Mal ins Schwitzen gekommen, vor allem bei den Prüfungen (lacht). Missen möchte ich die Weiterbildung auf jeden Fall nicht, da man mit dem Input im Küchenmeister auf jeden Fall ein gutes Fundament für die Praxis erhält.

Was hat Ihnen an der Weiterbildung gefallen oder nicht gefallen?

Von den Dozenten ist mir vor allem Frau Mayer (Schulleiterin der Hotelfachschule) in guter Erinnerung geblieben, da sie sich im Unterricht immer sehr sympathisch darum bemüht hat, uns auch trockene Lerninhalte näherzubringen. Das hat schon Spaß gemacht, vor allem, weil wir auch eine tolle Gemeinschaft im Kurs hatten. Ich habe mich mit allen gut verstanden, obwohl ich mit Abstand der Jüngste war. Neben mir saß beispielsweise mein Ausbilder aus der Lehrzeit, das war anfangs schon lustig. Aber wir hatten eine super Lerntruppe und haben auch nach dem Unterricht gerne Zeit miteinander verbracht. Wir haben bis heute immer noch eine Küchenmeister-Whatsapp-Gruppe, in der sich jede Woche etwas rührt und in der jeder jedem hilft, wenn es irgendwelche Themen gibt.

Nach dem Küchenmeister haben Sie Ihre ganz persönliche kulinarische Weltreise angetreten, die Sie unter anderem ins Restaurant Odette von Julien Royer in Singapur (3 Michelin Sterne) verschlagen hat. Welche der Stationen war im Rückblick die lehrreichste oder spannendste?

Ich denke, dass ich überall etwas mitnehmen konnte, sei es von den Gastköchen im Hangar-7 in Salzburg oder von dem markanten Street Food in Asien. Besonders gerne blicke ich auf die drei Monate zurück, in denen ich als Stagiaire (Praktikant) im Restaurant Frantzén in Stockholm bei Björn Frantzén (3 Michelin-Sterne) gearbeitet habe. Die Zeit dort war wirklich lehrreich und beeindruckend.

Einerseits war es das Team, das mir menschlich in guter Erinnerung geblieben ist, und andererseits war die Zeit dort wirklich großartig, um dazuzulernen. Die Leute dort sind mir wirklich ans Herz gewachsen und das Restaurant wurde in dem Jahr, in dem ich dort war, auch zum besten Restaurant der Welt gewählt. Ich bin mit der Zielsetzung reingegangen, wie ein Schwamm alles aufzusaugen, seien es Rezepte oder die gesamte Organisation des Restaurants, und das hat mir wirklich viel gebracht. 

Was war die wichtigste Erkenntnis, die Sie aus der Zeit mitnehmen konnten?

Das Vierteljahr dort war wirklich gut, um die Strukturen und die Abläufe der gehobenen Küche kennenzulernen. Das betrifft beispielsweise die Trockenlager-Gestaltung, wo quasi wie beim Apotheker alles fein säuberlich abgepackt und beschriftet aufbewahrt wird.

Und auch die Idee für den Gruß aus der Küche, den die Gäste jetzt bei mir im Roten Hahn erhalten, habe ich dort bekommen – ein Macaron, das je nach Jahreszeit immer etwas abgewandelt serviert wird.

Nun ist es knapp ein Jahr her, dass Sie nach Ihrer Weltreise den Roten Hahn übernommen haben. Wie bringen Sie dort den Einfluss der Weltküche mit der langen Geschichte des Restaurants in der Regensburger Altstadt in Einklang?

Nun, ich bin mit der Zielsetzung gestartet, einen Spagat zwischen traditioneller und moderner Küche zu schaffen. Als ersten Schritt – und das klingt in diesem Kontext wahrscheinlich erstmal überraschend – habe ich dafür die Speisekarte gekürzt. Darauf standen 30 bis 35 Gerichte und das ist meiner Meinung nach einfach zu viel, da man so viele frischen Sachen eigentlich nicht in der Form und Qualität anbieten kann, wie ich es mir vorstelle. Jetzt stehen dort 15 bis 20 Gerichte weniger.

Mein Augenmerk liegt auf dem Gourmet-Menü, aber es finden sich auch weiterhin Klassiker wie beispielsweise das Schnitzel auf der Karte wieder. Ich möchte die Eindrücke aus meinen Reisen auf der ganzen Welt mit dem Charme der Heimat in Verbindung bringen. Mittags gibt es deshalb beispielsweise günstige, traditionelle Gerichte und abends steht dann das Fine-Dining im Vordergrund. 

Mit diesem kreativen kulinarischen Ansatz und Ihrer harten Arbeit haben Sie sich jetzt mit dem Roten Hahn innerhalb eines Jahres einen der renommierten Sterne des Guide MICHELIN verdient. Wie haben Sie die Auszeichnung erlebt?

Das ist ein Traum, den ich bis heute noch nicht vollständig umrissen habe. Als Koch ist es die größte Auszeichnung, die man erhalten kann. Vor allem in jungen Jahren schaut man immer auf zu Sterneköchen, das war bei mir natürlich nicht anders früher. Ich wollte es irgendwann immer mal schaffen, einen Stern zu kriegen, aber ich habe mir da nie Druck gemacht. Dass es jetzt geklappt hat und dann auch noch so schnell – das hätte ich mir nie zu träumen getraut.

Grundsätzlich ist die Vergabe der MICHELIN-Sterne für mich als Koch ja auch sehr intransparent, was die Auszeichnung so wertvoll macht. Es kommt da nicht nur ein Tester ins Restaurant, der sich im Vorfeld ankündigt und dann über die Vergabe entscheidet. Es sind immer verschiedene Tester über einen längeren Zeitraum im Einsatz, die aufgrund verschiedener Kriterien darüber entscheiden, ob jemand ausgezeichnet wird und mit wie vielen Sternen. Entsprechend kann man auch nur mit Konstanz über mehrere Monate hinweg überzeugen.

Einmal hatte ich einen Gast aus reinem Bauchgefühl im Verdacht, ein Tester zu sein –dann haben wir uns alle darauf konzentriert, das Menü so perfekt wie nur irgendwie möglich hinzukriegen. Aber letztlich kann man es einfach nie wissen, wann ein Tester im Restaurant sitzt, und wann immer das Restaurant voller Gäste sitzt, hat man natürlich auch überhaupt keine Zeit, sich über solche Dinge Gedanken zu machen.

Haben Sie zum Abschluss noch Tipps, die Sie unseren angehenden Küchenmeistern für die Zukunft mit auf den Weg geben möchten?

Man sollte wirklich alles aufsaugen, was man lernen kann auf seinem Weg nach oben, denn je schwerer man lernt, desto leichter hat man es später. Und, das klingt jetzt wahrscheinlich schnulzig, aber man sollte wirklich eine Liebe zum Beruf mitbringen, ansonsten sollte man diesen Weg nicht einschlagen. Natürlich darf man dabei nicht vergessen, dass 98 % des Jobs wirklich harte Arbeit sind, weil sehr viele Stunden reinfließen und man einen langen Weg gehen muss, bis man da hinkommt, wo man hinwill, aber dabei darf man nie seine Leidenschaft und Liebe verlieren.

Es kann aber nicht die Lösung sein, sein ganzes Leben leidenschaftslos in der Küche zu verbringen. Deshalb habe ich im Roten Hahn beispielsweise zwei Ruhetage am Sonntag und Montag eingeführt, einfach um meinem Team regelmäßig zwei Tage Zeit für Normalität zu geben.

Was haben Sie mit Ihrem Restaurant für die nächste Zeit geplant?

Jetzt, wo ich den Stern habe, möchte ich ihn natürlich auch behalten. Das wird nicht einfach, aber ich möchte hart daran arbeiten mit meinem Team. Mit so einer Auszeichnung kommt natürlich auch eine höhere Erwartungshaltung der Gäste. Aktuell während des Lockdowns bieten wir von Dienstag bis Sonntag jeweils mittags von 12 bis 14 Uhr und abends von 17 bis 20 Uhr Take-Away-Gerichte an. Bei jeder telefonischen Vorbestellung, die wir dafür erhalten, sagen ich oder meine Mitarbeiter am Ende eigentlich in der Regel „Danke für die Bestellung, wir hoffen es schmeckt Ihnen“ und seit dem Michelin-Stern hört man da jetzt öfter mal einen Spruch wie „Das hoffen wir auch, schließlich haben Sie ja jetzt einen Stern.“ (lacht) Das spornt einen immer an.

Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!

Mehr Informationen zum Roten Hahn und Maximilian Schmidt finden Sie unter www.roter-hahn.com oder www.maximilian-schmidt.bayern.