„Mit die wichtigste Zeit in meinem Leben“:
die Umschulung als Türöffner zum Karriere-Glück

Seine erste Ausbildung hat der Augenoptikermeister Karsten Gräßer in jungen Jahren als Zimmermann gemacht. Nach einigen Jahren spielte der Rücken nicht mehr mit, deshalb musste er den Beruf aufgeben. Am Berufsförderungswerk (BFW) Eckert fand er dann seinen Weg ins neue Karriere-Glück und absolvierte dort seine Umschulung zum Augenoptiker. Heute, genau 30 Jahre später, blickt er im Interview mit uns auf seine Zeit am BFW in Regenstauf zurück und erklärt, warum er denselben Weg nochmal genauso gehen würde.

Herr Gräßer, nach Ihrer Ausbildung zum Zimmermann haben Sie noch einige Jahre in Ihrem ursprünglichen Beruf gearbeitet. Wie kamen Sie zu der Entscheidung, die Arbeit im Handwerk hinter sich zu lassen?

Ich habe eigentlich immer gerne handwerklich gearbeitet. Gelernt habe ich im Betrieb meines Vaters, danach ging’s für mich erst mal zur Bundeswehr und anschließend als Angestellter in den Brückenbau. Ich war aber damals noch ziemlich schmächtig und der Kraftaufwand war enorm. Irgendwann wurde die körperliche Belastung dann einfach zu groß.

Ich hatte dann eine tolle Ärztin, die mich wegen meiner Rückenschmerzen behandelt hat. Sie hat zu mir gesagt: „Herr Gräßer, Sie sind jetzt 24. Ihr Körper macht das nicht ewig so mit. Sie können entweder jetzt umschulen oder in zehn Jahren.“ Und dann hat sie mir dazu geraten, es gleich zu machen, solange ich noch jung bin. Diesen Rat habe ich befolgt und seitdem eigentlich auch nicht mehr bereut.

Warum haben Sie sich dann für die berufliche Reha am BFW Eckert entschieden?

Mein nächster Weg ging dann zur Agentur für Arbeit, die haben mir meine Optionen aufgezeigt. Es war mir wichtig, meine Umschulung nicht in einem Betrieb zu machen, weil es einfach nicht so intensiv ist wie in einer Schule. Da muss man einfach immer irgendwo Abstriche machen und ich war im Kopf noch fit und einfach auch sehr ehrgeizig zu dieser Zeit. Das war der entscheidende Grund.

Dazu kam dann noch, dass meine Schwiegereltern aus der Oberpfalz abstammen. Durch diese persönliche Verbindung bin ich dann letztlich am BFW Eckert gelandet. Meine Frau – damals noch Freundin – war dann auch mit mir während meiner Umschulung dort und hat mit mir in Neutraubling gewohnt während der zwei Jahre in der Augenoptik am BFW. Somit habe ich dann als Zimmermann und Christkind – ich bin am 24.12. geboren – auch noch gelernt, Blinde zu „heilen“ (lacht).

Würden Sie sagen, dass die Umschulung im Rückblick halten konnte, was Sie versprochen hat?

Auf jeden Fall. Wirklich gefallen hat es mir, wie gut alles organisiert war und wie reibungslos die Kooperation mit dem Kostenträger und uns Schülern geklappt hat.

Die Umschulung selber war dann sehr interessant. Man hat uns auch mit der vorgegebenen Struktur in der gesamten Ausbildung wirklich weitergeholfen. Anfangs war man schon mit viel Neuem konfrontiert und es war auch ungewohnt nach so langer Zeit wieder die Schulbank zu drücken, aber da hat die gute Organisation drumherum mir das Ganze schon sehr erleichtert. Augenoptik war dann auch mein Wunschberuf. Das war für mich schon ein kleines Highlight, dass ich meine Umschulung nach der Arbeitserprobung dort machen konnte. Und die Dozenten waren damals auch super, vor allem Herr Stula und Frau Wiesenberger.

Wie sehr hat Ihnen die berufliche Reha im Rückblick geholfen, eine neue Anstellung zu finden?

Das habe ich dann so wirklich gemerkt, als ich als Geselle in meine Heimat ins Saarland zurückgekehrt bin. Da hat sich die Ausbildung und die Qualifikation wirklich ausgezahlt. Herr Stula, unser Ausbilder, war ein ziemlich harter Hund. Er hatte immer so einen Spruch „Die 4 ist die 1 des kleinen Mannes“ (lacht). Im Nachhinein bin ich aber dankbar dafür, da er uns wirklich immer zu Bestleistungen angespornt hat und davon profitiere ich immer noch!

Während der letzten sechs Monaten meiner Umschulung habe ich mit meiner Verlobten zu überlegen begonnen, wo es danach für uns hingeht. Wir haben dann gemeinsam beschlossen, zurück ins Saarland, zurück nach Hause zu gehen, und da habe ich dann schnell eine Anstellung gefunden. Damals gab es eine Augenoptikerschwemme – das kann man sich heute kaum mehr vorstellen –, aber ich habe mich auf drei Stellen beworben und hab dann auch prompt drei Angebote bekommen. Die hatten das mit dem Eckert auf dem Schirm und haben gesehen, dass ich meine Gesellenprüfung in München gemacht habe, wo sie nochmal ein ganzes Stück härter war als an allen anderen Prüfungsorten. Das hat sie damals anscheinend beeindruckt und so habe ich mir die Stelle dann aussuchen können.

Heute betreiben Sie ja in Ihrer Heimat Ihr eigenes Geschäft. Wie kam es dazu, dass Sie den Schritt in die Selbständigkeit gewagt haben?

Zunächst habe ich für zweieinhalb Jahre als Angestellter in einem Betrieb in Saarbrücken gearbeitet, einfach um Routine zu kriegen. Dann hat mich der Ehrgeiz gepackt und ich habe mich dazu entschieden, meinen Meister zu machen. Das ging damals in einem Kombi-Modell über fünf Jahre, in denen ich gearbeitet habe und in der Abendschule meinen Meister gemacht habe. Ich habe davor bei den Eckert Schulen eine wirklich gute Theoriebasis bekommen im Rückblick, davon habe ich eigentlich in der gesamten Meisterschule noch profitiert.

Nach dem Meister habe ich dann einen Job in Kaiserslautern angenommen, bin sieben Jahre zur Arbeit gependelt jeden Tag. Irgendwann hat es mir gereicht und ich habe mir gedacht „das kannst du doch selber auch, jetzt machst du dich selbständig.“

Sie haben gesagt, dass Sie den Karrierewechsel in die Augenoptik nie mehr bereut haben. Was macht die Arbeit Ihrer Meinung nach aus?

Vieles, da reicht die Zeit gar nicht (lacht). Ich habe noch meine eigene Werkstatt, das ist als Augenoptiker inzwischen keine Selbstverständlichkeit mehr. Ich war schon immer Handwerker, das handwerkliche Arbeiten macht mir einfach Spaß. Das habe ich in der Selbständigkeit zwar irgendwann abgelegt, dass ich in der Werkstatt hinten stehe und Brillen oder Rahmen fertig mache, da man einfach permanent an anderen Stellen gefordert ist, in der Beratung oder im Verkauf zum Beispiel – aber diese Vielseitigkeit macht es schon aus.

Unser Ausbilder Herr Stula hat damals gesagt „Als Meister muss man jede Position selber besetzen können im Geschäft – und wenn es notfalls das Kloputzen ist.“ Diesen Spruch habe ich als Erbe vom Eckert mitgenommen und er stimmt einfach.

Ihre Umschulung ist nun fast auf den Tag genau 30 Jahre her. Würden Sie rückblickend nochmal denselben Weg gehen?

Ja, auf jeden Fall. Wir hatten in den Betrieben, in denen ich war, auch Umschüler, und das war einfach nicht dasselbe wie bei mir. Die Umschulung in Betrieben ist nicht so gut, da geht einfach zu viel verloren. Am BFW war das Ganze intensiver und viel besser angelegt. Der Stoff ist über die Jahre so viel geworden – die Ausbildung ist heute zum Beispiel im kaufmännischen Bereich noch viel umfangreicher als früher –, und anders lässt er sich einfach nicht vermitteln.

Haben Sie zum Abschluss noch Tipps für unsere aktuellen beruflichen Rehabilitanden?

Die Lerninhalte sind sehr eng gedrängt, sie kommen alle in einer sehr intensiven Form – das muss man annehmen und mitnehmen. Und man sollte dankbar dafür sein, dass man die Umschulung machen darf. Es war für mich eine sehr wertvolle Erfahrung und darauf sollte man entweder Bock haben oder – wenn nicht – den Platz freimachen für jemanden, der ihn stattdessen möchte, denn die Umschulung ist eine gute und wertvolle Chance. Für mich war es mit die wichtigste Zeit in meinem Leben.

Herr Gräßer, vielen Dank für das Gespräch – alles Gute und bleiben Sie gesund!